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Von Klassen wird gesprochen, um ökonomisch bedingte Ungleichheiten in einer Gesellschaft zu thematisieren. Meist hängen diese mit der Stellung im Produktionsprozess (z.B. Selbstständige vs. Lohnabhängige) und/oder mit der beruflichen Stellung zusammen. Klassen werden dann aber auch als soziale Gruppen, verschiedentlich auch als politisch agierende Gruppen, begriffen.

Jenseits dieser allgemeine Bestimmung wird der Klassenbegriff jedoch sehr unterschiedlich verwandt. Das hängt damit zusammen,

Gesellschaftliche Thematisierung von Klassen

Der Gebrauch des Klassenbegriffs für die Bezeichnung sozialer Gruppen bzw. die Sozialstruktur einer Nationalgesellschaft weist große länderspezifische Unterschiede auf; exemplarisch sei dies an drei Ländern verdeutlicht:

Wie in dem obigen Zitat bereits angedeutet läßt sich im 21. Jahrhundert eine Rethematisierung von Klassen beobachten. Dabei sind es zum einen wachsende soziale Ungleichheiten, Erfahrungen der Ausgrenzung und der geringen Aufstiegsmöglichkeiten, die das Klassenmodell als adäquate Etikettierung einer gesellschaftlichen Konstellation erscheinen lassen. Zum anderen geht es – oft vermittelt über autosoziobiograhische Texte z.B. von Annie Ernaux, Didier Eribon, Édouard Louis oder bell hooks – um die biographisch prägenden Erfahrungen einer bestimmten Klassenherkunft und um die damit verbundenen Diskriminierungen (Klassismus).

Theoretische Perspektiven auf das Klassenkonzept

Exemplarisch lassen sich die unterschiedlichen theoretischen Perspektiven auf Klassen an den folgenden Konzepten verdeutlichen:

Empirische Zugänge zum Klassenkonzept

Im Folgenden sollen einige Ansätze vorgestellt werden, mit denen eine klassenorientierte Perspektive auf Sozialstrukturen empirisch umgesetzt wird.

Kommentar

Ganz ähnlich wie beim Schichten- ist auch beim Klassenbegriff vor einem nominalistischen Verständnis zu warnen. D.h. es gilt, in dem theoretischen bzw. politischen Kontext zu klären, was damit jeweils gemeint ist. Nicht selten wird der Klassenbegriff auch in einem eher deskriptiven Verständnis gebraucht, so dass er kaum gegenüber sozialen Schichten abzugrenzen ist. An den Beispielen wird aber auch deutlich, dass der Klassenbegriff durchaus als wissenschaftlicher Begriff genutzt werden kann, wenn seine politischen Implikationen reflektiert werden. Es gilt aber sorgfältig zu benennen, wie Klassen abgegrenzt werden und wie diese Abgrenzungen begründet werden und welche analytischen Absichten damit verfolgt werden.

Weblinks

Pleinen, Jenny 2015: Klasse, in: Docupedia-Zeitgeschichte

Literatur

Bader, Veit M./ Benschop, Albert/ Krätke, Michael R./ van Treeck, Werner (Hrsg.) 1998: Die Wiederentdeckung der Klassen, Berlin: Argument-Verlag

Bourdieu, Pierre 1985: Sozialer Raum und ›Klassen‹. Leçon sur la leçon, Frankfurt am Main: Suhrkamp

Breen, Richard 2005: Foundations Of A Neo-Weberian Class Analysis, in: Erik Olin Wright (Hrsg.), Approaches to Class Analysis, Cambridge: Cambridge University Press

Cannadine, David 2000: Class in Britain, London: Penguin

Dahrendorf, Ralf 1957: Soziale Klassen und Klassenkonflikt in der industriellen Gesellschaft, Stuttgart: Enke Verlag

Eidlin, Barry/ Michael A. McCarthy 2020: Introducing Rethinking Class And Social Difference, in: Political Power and Social Theory, Volume 37, S. 1–23

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