
Kapitalien bei Bourdieu
Der aus der ökonomischen Welt stammende Kapitalbegriff wurde insbesondere durch Pierre Bourdieu zu einem zentralen Konzept der Sozialstrukturanalyse, um die sozialen Ressourcen von einzelnen Menschen bzw. sozialen Gruppen zu charakterisieren. Von besonderem Interesse sind dabei auch die Prozesse des Erwerbs, der Akkumulation oder der Konvertierung solcher Kapitalien.
Bourdieu unterscheidet zumeist ökonomische, kulturelle und soziale bzw. symbolische Kapitalien; in verschiedenen Schriften wird darüber hinaus auch von politischen oder sprachlichen Kapitalien gesprochen.
- Kapitalformen
- Ökonomisches Kapital
- Kulturelles Kapital
- Soziales Kapital
- Sprachliches Kapital
- Politisches Kapital
- Kapitaloperationen
- Akkumulation
- Konversion
- Reproduktion und Entwertung
- Kapitalien im Kontext der Sozialstrukturanalyse
- Kommentar
- Anmerkungen
- Literatur
Kapitalformen
Ökonomisches Kapital
Hierunter werden in der Sozialstrukturanalyse jene Kapitalien verstanden, die sich in einer Geldform ausdrücken lassen. Das sind zum einen die laufenden Einkommen einer Person, sie fungieren als eine Strömungsgröße. Dazu rechnen Einkommen und Gewinne aus selbständiger und abhängiger Arbeit, aber auch Einkommen, die auf private Transfers (z.B. zwischen Lebenspartner:innen) oder soziale Transfers (z.B. Sozialleistungen, Renten) zurückgehen. Dazu gehören aber auch Einkommen aus Vermögensanlagen, die z.B. als Zinsen, Mieteinahmen oder Dividenden fließen.
Zum anderen drückt sich ökonomisches Kapital in Vermögensbeständen (oder Verschuldung) aus; diese stellen eine Bestandsgröße dar. Das können z.B. Geldvermögen, Immobilien und andere Sachvermögen oder Betriebsvermögen sein. Diese Vermögensbestände können im Lebensverlauf aufgebaut werden; sie können aber auch auf Schenkungen und Erbschaften, auf Veräußerungsgewinne oder einen Lotteriegewinn zurückgehen. In einem erweiterten Verständnis könnte man hier auch Sozialvermögen anführen; damit sind jene Versorgungsansprüche (z.B. Renten) gemeint, die Versicherte erwerben, wenn sie in öffentliche oder private Sozialversicherungen einzahlen.
Kulturelles Kapital
Hierzu rechnen Kapitalien, die sich in der beruflichen Praxis, in der Lebensweise aber auch in Orientierungsmustern und Werthaltungen ausdrücken können. Der Begriff der Bildung fast viele dieser Aspekte zusammen, so geht es um Bildungsabschlüsse, aber auch um ein ›Gebildet-sein‹, das sich in der Lebenspraxis wie in den Verhaltensweisen und Körpern ausdrückt.
- Institutionalisiertes kulturelles Kapital steht für schulische und berufliche Abschlüsse oder andere Zertifikate.
- Inkorporiertes kulturelles Kapital umschreibt jene Verkörperungen von Bildung, die sich einstellen, wenn Kinder und Jugendliche am kulturellen Kapital ihre Eltern teilhaben oder wenn sie mitunter lange Phasen der schulischen und beruflichen Bildung und der beruflichen Praxis durchlaufen. Bourdieu verweist darauf, dass die unterschiedlichen Wege des Erwerbs von Bildung bedeutsam sind, wenn die einen Bildung mit der Mutter- bzw. Vatermilch aufsaugen, während sie für andere auf einen langen (und risikoreichen) Bildungs- und Aneignungsprozess zurückgeht.
- Als objektiviertes kulturelles Kapital werden schließlich Kultur- und Kunstgegenstände verschiedenster Art begriffen. Sie können erworben oder vererbt werden, sie müssen aber um als kulturelles Kapital (und nicht nur als Besitz) zu fungieren, auch ›verstanden‹ und ›präsentiert‹ werden.
Soziales Kapital
Damit sind Kapitalien gemeint, die auf die Einbindung von Menschen in soziale Netzwerke und Anerkennungsverhältnisse zurückgehen; sie drücken sich z.B. in vorteilhaften sozialen Beziehungen bzw. in Ehre und sozialem Prestige aus. Umgekehrt bedeutet fehlendes soziales Kapital Ehrverlust, Diskriminierung oder gar Verachtung. Wenn es jenseits konkreter Beziehung um die damit verbundene soziale Anerkennung geht, finden sich fließende Übergänge zwischen sozialem und symbolischem Kapital. »Das Sozialkapital ist die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen Kennens oder Anerkennens verbunden sind; oder, anders ausgedrückt, es handelt sich dabei um Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruhen. Das Gesamt-Kapital, das die einzelnen Gruppenmitglieder besitzen, dient ihnen allen gemeinsam als Sicherheit und verleiht ihnen – im weitesten Sinne des Wortes – Kreditwürdigkeit. Sozialkapitalbeziehungen können nur in der Praxis auf der Grundlage von materiellen und/oder symbolischen Tauschbeziehungen existieren, zu deren Aufrechterhaltung sie beitragen. Sie können auch gesellschaftlich institutionalisiert und garantiert werden« (1992a, S. 63). Am Beispiel des sozialen Kapitals wird auch deutlich, in welch komplexen Verhältnissen individuelle und kollektive Kapitalbestände stehen.
Symbolisches Kapital
Das symbolische Kapital hängt eng mit den anderen Formen zusammen; es geht um die Art und Weise, wie diese Kapitalien (und ihrer Eigner:innen) gesellschaftlich wahrgenommen und bewertet werden. Bourdieu konstatiert, dass symbolisches Kapital jene Form ist, »die eine dieser Kapitalsorten annimmt, wenn sie über Wahrnehmungskategorien wahrgenommen wird, die seine spezifische Logik anerkennen« (Bourdieu 1996, S. 151). So kann z.B. die gesellschaftliche Anerkennung von Personen und sozialen Gruppen eher auf ihr ökonomisches, eher auf ihr kulturelles oder eher auf ihr soziales Kapital zurückgehen.
Sprachliches Kapital
Sprachliches Kapital steht eng mit kulturellem Kapital in Zusammenhang; es lenkt den Blick auf gesellschaftliche Ungleichheiten und Machtverhältnisse, die mit Unterschieden im sprachlichen Kapital verbunden sind. »Das sprachliche Kapital ist die Macht über die Mechanismen der Preisbildung für sprachliche Produkte, die Macht, die Preisbildungsgesetze zum eigenen Profit ausschlagen zu lassen und den spezifischen Mehrwert abzuschöpfen. Jeder Interaktionsakt, jede sprachliche Kommunikation, selbst zwischen nur zwei Personen, zwei Freunden, einem Jungen und seiner Freundin – alle sprachlichen Interaktionen sind gewissermaßen Mikro-Märkte, die immer von den globalen Strukturen beherrscht bleiben« (1993, S. 118). Die Ungleichheitseffekte sprachlichen Kapitals zeigen sich z.B. in den Beziehungen von regionalen Dialekten und Nationalsprache oder von Volkssprache und Hochsprache. Auch Prozesse des sozialen Aufstiegs sind in der Regel mit der Arbeit an sprachlichen Kapitalien verbunden. Von besonderem Interesse sind diese Ungleichheiten in Ländern mit mehreren Nationalsprachen und allgemeiner in Migrationsgesellschaften.
Politisches Kapital
Von politischem Kapital hatte Bourdieu gesprochen, um Machtstrukturen in den damaligen sozialistischen Staaten analysieren zu können, wo die Nähe zur jeweils dominierenden politischen Ideologie oder die Zugehörigkeit zu den richtigen politischen Seilschaften mit großen Vorteilen verbunden waren. Umgekehrt konnten dissidente politische Positionierungen zu Nachteilen, zur Verfolgung oder gar zum Tode führen.
Kapitaloperationen
Die Analogie zum ökonomischen Kapital kann für die Analyse verschiedener Operationen (z.B. Akkumulation, Konversion oder Reproduktion) genutzt werden.
Akkumulation
Inspiriert vom Marxschen Interesse an Prozessen der Akkumulation von Kapital verallgemeinert Bourdieu dieses Konzept auch für andere Formen des Kapitals. »Kapital ist akkumulierte Arbeit, entweder in Form von Material oder in verinnerlichter, ›inkorporierter‹ Form. Wird Kapital von einzelnen Aktoren oder Gruppen privat und exklusiv angeeignet, so wird dadurch auch die Aneignung sozialer Energie in Form von verdinglichter oder lebendiger Arbeit möglich. Als vis insita [wörtlich: immanente Kraft C.W.] ist Kapital eine Kraft, die den objektiven und subjektiven Strukturen innewohnt; gleichzeitig ist das Kapital – als lex insita [wörtlich: immanentes Gesetz C.W.] – auch grundlegendes Prinzip der inneren Regelmäßigkeiten der sozialen Welt« (Bourdieu 1992a, S. 49). D.h. über die Prozesse der Akkumulierung von Kapital entstehen soziale Strukturen, die sich zwar immer wieder auch verändern können, sie weisen jedoch eine gewisse Trägheit auf.
»Die Akkumulation von Kapital, ob nun in objektivierter oder verinnerlichter Form, braucht Zeit. Dem Kapital wohnt eine Überlebenstendenz inne; es kann ebenso Profite produzieren wie sich selbst reproduzieren oder auch wachsen. Das Kapital ist eine der Objektivität der Dinge innewohnende Kraft, die dafür sorgt, daß nicht alles gleich möglich oder gleich unmöglich ist. Die zu einem bestimmten Zeitpunkt gegebene Verteilungsstruktur verschiedener Arten und Unterarten von Kapital entspricht der immanenten Struktur der gesellschaftlichen Welt, d.h. der Gesamtheit der ihr innewohnenden Zwänge, durch die das dauerhafte Funktionieren der gesellschaftlichen Wirklichkeit bestimmt und über die Erfolgschancen der Praxis entschieden wird« (S. 50).
Konversion
Zum Verständnis der verschiedenen Kapitalformen ist es hilfreich, zu untersuchen, wieweit diese ineinander transformierbar sind und welche Transformationsarbeiten dabei anfallen. So kann man vielleicht mit Geld (ökonomischem Kapital) vieles kaufen, etwa einen Titel, ein Kunstwerk oder auch soziale Beziehungen; zugleich zeigen die Beispiele aber auch die damit verbundenen Probleme, wenn ein käuflicher Titel einer wenig bekannten Institution nicht besonders anerkannt ist, wenn es gilt, ein Kunstwerk auch ›lesen‹ zu können oder wenn käufliche Beziehungen immer instrumentell bleiben werden, wenn nicht weitere Arbeit investiert wird.
»Die Tatsache der gegenseitigen Konvertierbarkeit der verschiedenen Kapitalarten ist der Ausgangspunkt für Strategien, die die Reproduktion des Kapitals (und der Position im sozialen Raum) mit Hilfe möglichst geringer Kapitalumwandlungskosten (Umwandlungsarbeit und inhärente Umwandlungsverluste) erreichen möchten. Die unterschiedlichen Kapitalarten unterscheiden sich nach ihrer Reproduzierbarkeit, also danach, wie leicht sie sich übertragen lassen. Dabei geht es zum einen um das Ausmaß der bei der Kapitalübertragung auftretenden Schwundquote, zum anderen darum, in welchem Maße sich die Kapitalübertragung verschleiern läßt« (1982, S. 73).
Reproduktion und Entwertung
Wie ökonomische Kapitalien der gewinnbringenden Anlage bedürfen, um sie gegen Krisen und Entwertung zu schützen, müssen auch andere Kapitalien ›gepflegt‹ werden, um sie vor dem Risiko der Entwertung zu bewahren. Das gilt für kulturelle Kapitalien, wenn schulische und berufliche Qualifikationen an Wert verlieren, weil sie (über Prozesse der Bildungsexpansion) nicht länger exklusiv sind oder weil sie im Kontext sich verändernder Arbeitsfelder und -techniken nicht mehr dem Stand der erforderlichen Qualifikationen entsprechen. Auch soziale Kapitalien müssen gepflegt werden, um Beziehungen zu einem gegebenen Zeitpunkt nutzen zu können. Zudem müssen sie sich verändernden Arbeits- und Lebenssituationen angepasst werden.
Kapitalien im Kontext der Sozialstrukturanalyse
Objektivierung und Inkorporierung von Kapitalien
Bourdieu geht davon aus, dass Kapitalien zum einen in einer objektivierten Form (als soziale Merkmale wie Güterbesitz oder Macht) und zum anderen in einer Inkorporierten Form (als Habitus bzw. als Klassifikationsschemata) vorliegen (vgl. 1987, S. 175 bzw. 195). Damit wird die große Bedeutung des Bourdieuschen Ansatzes für die Sozialstrukturanalyse deutlich:
Zum einen geht es um eine grundsätzliche Erweiterung der Perspektive auf soziale Ungleichheiten und die ungleichheitsgenerierenden Sphären. Während die Analysen zum ökonomischen Kapital noch in gewisser Weise an politökonomische Traditionen anknüpfen können, geraten mit dem kulturellen und dem sozialen Kapital eher Konzepte aus den Weberschen Klassenanalysen in den Blick, wenn es um die Unterschiede der Lebensweise oder des sozialen Status geht.
Zum anderen wird mit dem Konzept der Inkorporierung (Habitus) bzw. mit dem Interesse für die symbolische Seite (Anerkennungsverhältnisse) der ungleichen Verteilung der verschiedenen Kapitalsorten deutlich, dass es bei sozialen Ungleichheiten nicht nur um Unterschiede in der ökonomischen Macht oder der Verteilung von Einkommen und Vermögen geht. Vielmehr hat man es auch mit Ungleichheiten zu tun, die sich über Jahrzehnte und Jahrhunderte in der Lebensweise und den Orientierungs- und Bewertungsmustern verschiedener sozialer Gruppen niedergeschlagen haben.
Die Bedeutung der Felder
Bei der Analyse des Zusammenhangs von (objektivierten und inkorporierten) Kapitalien und sozialen Positionierungen wird deutlich, dass solche Zusammenhänge eine ausgesprochene Feldspezifik aufweisen. So warnt Bourdieu davor, diese Kapitalien als eine ›unabhängige Variable‹ zu begreifen. Er hebt hervor, »daß die ›erklärenden Faktoren‹ tatsächlich nur innerhalb eines Feldes zu Geltung und Wirkung kommende ›Kräfte‹ sind und daher von den Kämpfen abhängen, die innerhalb jedes Feldes um die Veränderung der jeweils charakteristischen Preisbildungsmechanismen ausgetragen werden« (1987, S. 164). So variiere die Bedeutung verschiedener Kapitalien nach (beruflichen) Feldern; ein erfolgreiches Agieren im Feld der künstlerischen Produktion erfordert andere Kapitalkombinationen als im Feld der Bildung, der Wissenschaft, der staatlichen Administration, der Wirtschaft (kleine, mittlere und große Unternehmen) oder der politischen und weltanschaulichen Organisationen1. So geht Bourdieu von einer Vielfalt gesellschaftlicher Praxisformen aus, »welche sich in Feldern mit jeweils eigener Logik und daher in unterschiedlichen Formen realisieren« (Bourdieu 1987, S. 175). Er bringt dies auf die einfache Formel:
[(Habitus) (Kapital)] + Feld = Praxis
Soziale Klassen
Bourdieu zielt auf die Konstruktion einer »objektiven Klasse, jenes Ensemble von Akteuren, die homogenen Lebensbedingungen unterworfen sind (…) und denen eine jeweilige Gruppe von Merkmalen gemeinsam ist: objektivierte, teilweise juridisch abgesicherte (Besitz an Gütern oder Macht) und inkorporierte Merkmale wie die klassenspezifischen Habitusformen (und im Besonderen die Systeme der Klassifikationsschemata)» (1987, S. 175). Wenn Bourdieu hier von objektiver Klasse spricht, ist diese zunächst einmal als ein Konstrukt zu verstehen. An anderer Stelle erläutert er dies genauer: »So besteht der zentrale theoretizistische Fehler – Marx begeht ihn – darin, die Klassen auf dem Papier als reale Klassen zu behandeln, von der objektiven Homogenität der Bedingungen, Konditionierungen, folglich der Dispositionen – einer Homogenität, die aus der positionalen Identität im sozialen Raum erwächst –, auf die Existenz als vereinigte Gruppe, als Klasse zu schließen« (1992b, S. 141).
Kommentar
Die Bourdieusche Idee, in einem weiteren Sinne von Kapitalien zu sprechen, ist ausgesprochen fruchtbar, um soziale Positionierungen und soziale Praktiken präzise beschreiben zu können. Die der ökonomischen Welt eigene Logik ermöglicht einen distanzierenden und befremdenden Blick auf soziale Verhältnisse. Es geht nicht im Geringsten darum, soziale Verhältnisse zu ökonomisieren; vielmehr kann eine ökonomische Perspektive als durchaus fruchtbare Forschungsstrategie eingesetzt werden. Auch die Doppelperspektive auf objektivierte und inkorporierte Kapitalien kann als eine wesentliche Erweiterung der Sozialstrukturanalyse begriffen werden.
Während das ökonomische Kapital schon immer zum klassischen Repertoire der Sozialstrukturanalyse gehörte, eröffnet die Analyse kultureller Kapitalien wichtige Zugänge zum Verständnis von Sozialstrukturen. So geht es um die Rolle des Bildungswesens als einem gesellschaftlichen Platzanweiser; es interessiert aber auch die Frage, wie gut es Menschen gelingt, die erworbenen Bildungsabschlüsse in soziale Positionen zu konvertieren. In Migrationsgesellschaften ist zu klären, wie weit die Bildungseinrichtungen dem Gebot der Chancengleichheit entsprechen können.
Das kulturelle Kapital spielt darüber hinaus eine wichtige Rolle bei der Reproduktion und Legitimierung sozialer Ungleichheiten, wenn z.B. die (sozial sehr unterschiedlichen) Elternhäuser eine zentrale Rolle bei der Weitergabe kulturellen Kapitals spielen und diese Effekte im Schulsystem kaum kompensiert werden können. Nicht zu unterschätzen ist auch der naturalisierende Effekt des Bildungssystems, der sich einstellt, wenn die erheblichen Unterschiede (z.B. in der Dotierung beruflicher Positionen) ›gerechtfertigt‹ erscheinen, da ja die höhere Positionierung auf besondere schulische ›Leistungen‹ oder spezielle ›Begabungen‹ zurückgehen.
Auch das soziale Kapital spielt für sozialstrukturelle Analysen eine wichtige Rolle, es stellen sich jedoch erhebliche Probleme, diese Kapitalien empirisch zu erfassen, da es ja nicht nur um die Größe von sozialen Netzwerken geht, sondern um die für das jeweilige berufliche Feld passenden Netzwerke.
Schließlich liefert auch die Analyse der symbolischen Kapitalien wichtige Erkenntnisse für das Verständnis von Sozialstrukturen, da nicht selten die Unterschiede im ökonomischen und kulturellen Kapital verschiedener Gruppen immer auch von Unterschieden der sozialen Anerkennung begleitet und Ungleichheiten somit verstärkt werden.
In diesem Beitrag wurde das Konzept der Kapitalien in den Bourdieuschen Argumentationsgang eingebettet. Es ist aber durchaus möglich, die innovativen Beiträge seines ausdifferenzierten Kapitalkonzepts auch außerhalb solcher Klassenanalysen zu nutzen.
Anmerkungen
- Während in diesen Beispielen eher von weiter gefassten beruflichen Feldern die Rede war, lassen sich immer auch Untereinheiten dieser Aggregate (z.B. einzelne Marktsegmente oder wissenschaftliche Disziplinen) untersuchen (Bourdieu/ Wacquant 1996, S. 135, Fn. 34). ↩︎
Literatur
Bourdieu, Pierre 1987: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, Frankfurt: Suhrkamp
Bourdieu, Pierre 1992a: Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital, in: ders., Die verborgenen Mechanismen der Macht, Hamburg: VSA
Bourdieu, Pierre 1992b: Sozialer Raum und symbolische Macht, in: ders. 1992: Rede und Antwort, Frankfurt: Suhrkamp, S. 135-154
Bourdieu, Pierre 1993: Der sprachliche Markt, in: ders., Soziologische Fragen, Frankfurt: Suhrkamp, S. 115-130
Bourdieu, Pierre/ Loïc J.D. Wacquant 1996: Reflexive Anthropologie, Frankfurt: Suhrkamp
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- Lebensstile bei Bourdieu
- Habitus bei Bourdieu
- Klassen und Klassifizierungen bei Bourdieu
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