sozialstrukturanalysen.de

Das Konzept des Lebensstils wird bei Pierre Bourdieu genutzt, um die Mechanismen der Reproduktion sozialer Ungleichheiten zu verstehen. Er begreift Lebensstile als habituell geprägte Systeme von klassifizierten und klassifizierenden Praktiken.

»Die Lebensstile bilden also systematische Produkte des Habitus, die in ihren Wechselbeziehungen (…) Systeme gesellschaftlich qualifizierter Merkmale (wie ›distinguiert‹, ›vulgär‹, etc.) konstituieren. Grundlage jenes alchemistischen Prozesses, worin die Verteilungsstruktur des Kapitals (…) in ein System wahrgenommener Differenzen, distinktiver Eigenschaften, (…) verwandelt wird, ist die Dialektik von sozialer Lage und Habitus« (1987S. 281).

In der folgenden Darstellung wird illustriert, wie der durch die bisherigen Lebensbedingungen (1) geprägte Habitus (1) den Lebensstil (1) einer sozialen Gruppe (1), d.h. ihre klassifizierten und klassifizierenden Praktiken, prägt und wie diese (in einem relationalen Sozialen Raum) auch durch die Bewertungsschemata anderer Gruppen (2, 3, …) beeinflusst werden.

Eigene Darstellung nach Bourdieu (1987, S. 280)

Eine wichtige Mittlerfunktion nimmt dabei der ›Geschmack‹ ein. »Der Geschmack, die Neigung und Fähigkeit zur (materiellen und/oder symbolischen) Aneignung einer bestimmten Klasse klassifizierter und klassifizierender Gegenstände und Praktiken, ist die Erzeugungsformel, die dem Lebensstil zugrunde liegt«. Dabei begreift Bourdieu den Lebensstil als »einheitlichen Gesamtkomplex distinktiver Präferenzen, in dem sich in der jeweiligen Logik eines spezifischen symbolischen Teil-Raums – des Mobiliars und der Kleidung so gut wie der Sprache oder der körperlichen Hexis – ein und dieselbe Ausdrucksintention niederschlägt« (S. 283).

Die Bedeutung des Lebensstilkonzepts wird dann in der Konstruktion des sozialen Raums erkennbar. Die Analysen Bourdieus machen deutlich, dass der Raum der sozialen Positionen und der Raum der Lebensstile in gleicher Weise (homolog) strukturiert sind.

Literatur

Bourdieu, Pierre 1987: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft, Frankfurt: Suhrkamp

Georg, Werner 2008: Lebensstil (style de vie), in: Fröhlich, Gerhard/ Boike Rehbein (Hrsg.), Bourdieu- Handbuch. Leben, Werk, Wirkung, Stuttgart: Metzler, S. 165-168