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Dipper 2023: Endeckung der Gesellschaft

Das Buch von Christof Dipper zielt darauf, die Gewahrwerdung von Gesellschaft und gesellschaftlichen Gruppen in Deutschland zwischen 1770 und 1850 zu rekonstruieren. Es geht um eine »modern verstandene Ideengeschichte, die Erkenntnisse als gesellschaftliche Gestaltungskraft« (S. 11) begreift.

In dem Buch werden drei verschiedene Perspektiven auf die Entwicklung jener Jahre skizziert. Im ersten Teil geht es vor allem um eine begriffsgeschichtliche Rekonstruktion, mithin um die Entdeckung von Gesellschaft; dabei interessieren vor allem die sich entwickelnden wissenschaftlichen Perspektiven. Im zweiten Teil werden zeitgenössische Darstellungen von Gesellschaft und gesellschaftlichen Gruppen analysiert. Der dritte Teil befasst sich dann mit dem heutigen Forschungsstand zu den um 1800 beobachtbaren Veränderungen.

Überblick:

Struktur der Argumentation

I. Die Entdeckung der Gesellschaft. Zur Wissensgeschichte eines modernen Begriffs

Zunächst kontrastiert Dipper die in Deutschland vorherrschende Thematisierung gesellschaftlicher Phänomene mit der in Westeuropa und insbesondere Frankreich. So wurde in Deutschland nicht selten von Gesellschaft gesprochen, gemeint war aber der Staat; das hängt mit der nicht vollzogenen Differenzierung beider Kategorien zusammen. Die Ausbildung an den Universitäten war staatsbezogen: an den juristischen Fakultäten dominierte die Naturrechtslehre; die wirtschaftliche Entwicklung wurde in kameralistischer Perspektive betrachtet und schließlich verschloss sich die Universitätsstatistik gegenüber der politischen Arithmetik und allgemeiner gegenüber einem empirisch orientierten wissenschaftlichen Arbeiten. Demgegenüber hatte sich im westlichen Europa bereits ein neuartiger Tatsachenblick durchgesetzt; Dipper führt diese Entwicklung auf die Eroberungs- und Kolonisierungspolitik und den damit einsetzenden Handel und die sich entwickelnde kapitalistische Wirtschaft und schließlich auf die Herausbildung eines empirisch orientierten Wissenschaftsverständnisses zurück. In Frankreich kann vor diesem Hintergrund eine soziologische Wissenschaft entstehen. »So prägte der von Saint-Simon und Comte repräsentierte Positivismus, unterstützt von Adolphe Quetelet, der mit rein mathematisch-statistischen Methoden die Gesellschaft steuern zu können versprach, für Jahrzehnte das Gesicht der französischen Wissenschaft, der den vernunftgestützten Verfassungsexperimenten (…) und dem (…) von Napoleon geschaffenen dirigistischen Wissenschaftsklima besser entsprach als die Bildungsmodelle ihrer Nachbarn« (S. 35).

Nach ersten Abschieden vom metaphysischen Gesellschaftsbild in Deutschland zeichnet Dipper »drei Wege aus der alteuropäischen Gesellschaftsidee« nach.

  • Den Anfang bilden bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Publikationen des Schriftstellers Friedrich Buchholz, der bereits 1805 eine Wissenschaft der Gesellschaft skizziert und sich (in Anlehnung an Alexander von Humboldt) als Naturforscher gesellschaftlicher Erscheinungen begreift. Buchholz beschreibt die Entwicklung der gesellschaftlichen Arbeitsteilung und die damit verbundenen wechselseitigen Abhängigkeiten; vermittelt über das Ausgleichungsmittel Geld werde aus einer Tausch- eine Marktgesellschaft. Er analysiert die Rolle verschiedener Gruppen und spricht dabei auch von der ›arbeitenden Klasse‹. Buchholz war zwar ein erfolgreicher Schriftsteller, seine Beiträge zum soziologischen Denken gerieten jedoch in Vergessenheit.
  • In der Jahrhundertmitte ändert sich die Situation. Während Dipper die wissenschaftlichen Beiträge von Marx eher als gering einschätzt (S. 59 f.), konzentriert er sich auf Lorenz Stein und Robert von Mohl. Stein analysiert, wie das Maschinenwesen die sozialen Verhältnisse grundlegend verändert habe und wie sich Capital und Arbeit herausgebildet haben. »Die moderne ›Gesellschaft‹ ist also etwas anderes als ›Volk‹, nämlich der Organismus sozialer Interessenbeziehungen, wie sie sich aus der wirtschaftlichen Verteilung der Güter und der gesellschaftlichen Teilung der Arbeit ergeben mit der Folge, dass die enorm angewachsene materielle Ungleichheit im Maschinenzeitalter ›die höhern Classen‹ in die Lage versetze, ›die Staatsgewalt zu einem Mittel für ihre eigenen gesellschaftlichen Zwecke‹ zu machen« (S. 62). Mohl skizziert eine ›Gesellschafts-Wissenschaft‹, die sich »aus Teilen des Privat- und Staatsrechts, der Volkswirtschaftslehre und Politik« zusammensetzt und von »Geschichte und Statistik gesellschaftsspezifische Beiträge« verlangt (S. 67). An Hand einer Analyse der Protokolle des Verfassungsausschusses der Deutschen Nationalversammlung zeigt Dipper dann aber auf, dass ein wissenschaftlich qualifizierter Gesellschaftsbegriff hier keine Rolle spielte.
  • Das ändert sich in den 1850 und 60er Jahren grundsätzlich. »Anders als noch zu Buchholz‘ Zeiten drehte sich die Soziologie ab der Jahrhundertmitte ausschließlich um die ›soziale Frage‹, sie war mit ihr geradezu identisch« (S. 87). Später heißt es: »Es fiel der Gesellschaftswissenschaft daher außerordentlich schwer, sich von ihrem Entstehungsgrund, der ›sozialen Frage‹, zu lösen und den Blick auf die Totalität der Gesellschaft zu richten, wie das Marx im Kapital vorgemacht hat. Wer sich nicht nur für die Arbeiter bzw. das Proletariat interessierte und kein Marx-Anhänger war, blieb auf die Kategorie ›Volk‹ verwiesen, wofür Riehl ein äußerst einflussreiches Beispiel vorgelegt hatte« (S. 97) .
II. Die Gesellschaft zwischen 1770 und 1848 in zeitgenössischer Sicht

Im zweiten Teil versucht Dipper, die »zeitgenössische Beobachtungen gesellschaftlicher Gruppen« (S. 111) zu rekonstruieren. Er greift dabei auf die Darstellung von Beamten, Statistikern, Pfarrern, Gutsbesitzern und Unternehmern zurück, aber auch auf Reiseführer und frühe Formen der Sozialreportage und schließlich auf die daraus entstehenden publizistischen oder philosophischen Kompilationen.

Dabei fällt die Lückenhaftigkeit der Wahrnehmung auf, die Dipper mit den weitgehend getrennten Lebenskreisen und beschränkten Öffentlichkeiten in Zusammenhang bringt. Das findet auch einen sozialräumlichen Ausdruck, indem insbesondere die süddeutschen bzw. die katholischen Gebiete zu einem blinden Fleck werden. Auch die Lage der Frauen, der Unterschichten und der jüdischen Minderheit wurde nicht beleuchtet.

Eine besondere Rolle nehmen die Diskurse um die ›Bevölkerung‹ ein. Auf der einen Seite die Argumentationen, in denen die Vermehrung der ›Volksmenge‹ als ein wesentliches Entwicklungsmoment begriffen wird. Auf der anderen Seite die malthusianisch inspirierte Debatte um die Zusammenhänge von Überbevölkerung und Pauperismus. »Bilanzierend wird man feststellen können, dass das demographische Wissen aus vielerlei Ursachen und Quellen stammte und seine Zunahme mit der Politik und ihren Maßnahmen eine, wenngleich sehr elastische Verbindung eingegangen ist. Die Bevölkerungswissenschaft ist also seit ihrer Entstehung eine staatsnahe Disziplin, die politisch hochbedeutsame Werturteile ausspricht« (S. 153).

Die Ausgangslage 1770 bis 1780/90

»In dieser Zeit war, was wir trotz mancher Bedenken umstandslos die ›Ständegesellschaft‹ nennen, offiziell noch überall in Geltung. Rechtlich verbürgte Ungleichheit, ihr tragendes Merkmal, war weithin anerkannt. Von den Obrigkeiten sowieso (…), aber auch die große Mehrheit der Untertanen akzeptierte die existierenden sozialen Zustände damals noch ganz offensichtlich« (S. 154). Sowohl dem Adel wie dem Bürgertum wurde wenig Aufmerksamkeit geschenkt, ähnliches gilt für die Unterschichten wie für den ländlichen Raum. »Bauern waren, sozial gesehen, in der urban geprägten Vorstellung der Gebildeten das ganz andere: unfrei, zu Diensten verpflichtet, keine Eigentümer des von ihnen bestellten Landes, sie stellten das große Reservoir der Soldaten und galten als träge und ungebildet. Und als arm« (S. 167).

Ein differenzierteres Bild entsteht aus statistischer Perspektive. Süßmilch verweist bereits 1757 auf die Manufakturarbeiter als ›neue Klasse der Armut‹. So waren Regierungen und Experten recht genau über die Lage der Arbeiterschaft informiert, es fügte sich jedoch nicht zu einem Gesamtbild. Auch die Sozialkritik spielte in Deutschland noch keine Rolle.

Nach der Revolution (1810-1825)

Das verändert sich in dem zweiten gewählten Beobachtungsfenster. Armut wurde zu einem wichtigen Thema, es wurde deutlich, dass die soziale Ordnung sich veränderte. »Eine neue Gesellschaft zeichnete sich (…) oben wie vor allem am Fuß der Pyramide zwar ab, aber nur den wenigsten Zeitgenossen war das bereits bewusst. (…) Nur ganz vereinzelt ist von der Historizität der Gesellschaftsverfassung die Rede, obwohl allen Einsichtigen klar geworden sein musste, dass die Dinge in Bewegung gekommen waren. Indirekt kam das allenfalls bei Beschreibungen der einzelnen sozialen Gruppen zum Ausdruck, denn am Detail ließ sich die Dynamik am ehesten beobachten« (S. 224 f.)

Die Hungry Forties (1835-1847)

In den 1940er Jahren kommt es zu einem erheblichen wirtschaftlichen und demografischen Wandel. »Armut und die Armen beherrschten (…) den Diskurs, wenn es um die Gesellschaft ging, und es war allen Interessierten klar, dass Ursachen und Größenordnung ebenso neuartig waren wie die Antworten, die neben Wissenschaft und Politik nun auch die Arbeiter, insbesondere die Gesellen (…) auf ihre Not entwickelten. Einige Programme waren radikaler denn je und lösten beim Publikum Sorgen, ja Ängste aus« (S. 230). Über die Ursachen dieser Entwicklung gingen die Einschätzungen weit auseinander. Die Mehrheit der ›Fachleute‹ »erblickte sie im raschen Bevölkerungswachstum und argumentierte folglich in erster Linie moralisch – Einschränkung der ›Bettelhochzeiten‹ –, eine Minderheit hielt sie für eine Folge industrieller Rückständigkeit und verlangte wirtschaftliche Maßnahmen. In vielen unserer Texte dominiert jedoch die Sozialreportage, die in ihrer drastischen Schilderung eine unzweideutige Anklage der versagenden Verwaltung mittransportierte« (S. 282).

Die im zweiten Teil versuchte Rekonstruktion der zeitgeschichtlichen Beobachtung macht deutlich, dass einerseits die gesellschaftlichen Veränderungen sehr wohl wahrgenommen wurden, so sprach man von einem ›Zeitalter in Bewegung‹. Anderseits ging aber die ›Verwissenschaftlichung des Sozialen‹ erstaunlich langsam voran. Eine Ausnahme bildeten die Arbeiten des Publizisten Friedrich Buchholz.

Dipper spricht für die Situation am Ende des von ihm gewählten Beobachtungszeitraums (1850) von einer ›Übergangsgesellschaft‹. In dieser bildeten typischerweise die »Klassenangehörigen überwiegend die mächtige Basis der sozialen Pyramide (…), während die in ihrer Position geschützten ›höheren Stände‹, wie ihre häufig gebrauchte Bezeichnung schon signalisiert, in den oberen Etagen zu Hause waren« (S. 293).

III. Übergangsgesellschaft. Die ländliche Sozialordnung in Mitteleuropa um 1800

Im dritten Teil seiner Studie entwickelt Dipper die These, »dass man zwischen 1770 und 1840 in Mitteleuropa eine besondere Sozialformation beobachten kann, gekennzeichnet durch eine gleichsam entfesselte Demographie bei zurückbleibender Wirtschaft, d.h. mangelnden Arbeitsplätzen, mit der Folge, dass ohne bewusstes Zutun die ständische Ordnung namentlich an ihrer Basis ausgehöhlt wurde« (S. 357). Er hatte dies zuvor genauer entwickelt: »Da die Aufnahmekapazitäten der traditionellen Wirtschaft begrenzt waren und schon zu Beginn der Bevölkerungswelle stellenweise nur noch geringe Reserven aufgewiesen hatten, fiel ein Teil des Zuwachses aus der ständischen Gesellschaft zwangsläufig heraus. Die Gesellschaftsstruktur änderte sich also, im Unterschied zu heute, als direkte Folge des demografischen Wachstums« (S. 319 f.).

Vor diesem Hintergrund untersucht er dann zum einen, wie im Bereich der Landwirtschaft mit dieser Konstellation umgegangen wurde. Er verweist hier auf die Vergrößerung der Anbaufläche (z.B. Erschließung von Heidegebieten und Mooren), die Zurückdrängung kollektiver Nutzungspraktiken, die Intensivierung des Landbaus und den Anbau neuer Produkte (z.B. Klee und Hackfrüchte). Zudem kommt es im Umkreis großer Städte zu einer Verschiebung zwischen Selbstversorgung und Marktproduktion und somit zu einer Zunahme der Arbeitsteilung.

Zum anderen skizziert er, wie im Bereich von Gewerbe und Nebenerwerb auf die demografische Entwicklung reagiert wurde. Zunehmend komme es zu einer Ausdifferenzierung der Einkommensquellen insbesondere in den unteren Schichten der ländlichen Bevölkerung. »Vielfach verfügte sie noch über eigenen, wenngleich geringen Landbesitz, den sie durch Zupacht zu erweitern suchte und dafür unentgeltliche Dienste leistete. Daneben oder in der Hauptsache bestritt die Unterschichtenfamilie ihren Lebensunterhalt jedoch durch Lohnfuhren, Handel oder Heimarbeit. Über diese Tätigkeiten wurde sie (…) in Märkte lokalen oder überlokalen Zuschnitts eingebunden, in denen ausschließlich das Geld den Austausch regelte. Die ländliche Welt wurde also nicht nur an ihrer vollbäuerlichen Spitze, sondern auch an ihrer Basis zunehmend von Geldbeziehungen durchsetzt und ging ihrer hergebrachten Gesellschafts- und Wertordnung verlustig« (S. 339).

In der Zusammenschau wird deutlich, dass vor allem im ländlichen Bereich wichtige Voraussetzungen für den Umbau der Wirtschaftsordnung entstanden sind. Mit Bezug auf Sombart weist Dipper auf die ländlich-agrarischen Ursprünge des modernen Kapitalismus hin (vgl. S. 343).

Kommentar

Um den Analysen Dippers gerecht zu werden, sollten die verschiedenen Teile je für sich gewürdigt werden. Am ehesten hängen noch die beiden ersten Teile zusammen und werden mit dem Titel ›Entdeckung der Gesellschaft‹ gut umschrieben.

Im ersten Teil gelingt Dipper eine kluge und nachvollziehbare Zusammenschau der unterschiedlichen Entwicklungen insbesondere in Deutschland und Frankreich. Auch die zu Deutschland angeführten Gründe für den abweichenden Verlauf können überzeugen.

Der zweite Teil von beinahe zweihundert Seiten, indem die zeitgenössische Sicht auf Phänomene der Gesellschaft rekonstruiert wird, kann als gelungen betrachtet werden. Über die Zusammenführung ganz unterschiedlicher Textgattungen und Argumentationsweisen wird die Gewahrwerdung gesellschaftlicher Phänomene bzw. die damit verbundenen Neuausrichtung von Vorstellungen der (sozialen) Welt nachvollziehbar.

Der dritte Teil steht für sich; hier geht es um die Frage nach der Vorgeschichte jener wirtschaftlichen und sozialen Umbrüche, die das 19. und 20. Jahrhundert geprägt haben. Die vorgelegte Argumentation, Bevölkerungswachstum und Innovationen in der ländlichen Gesellschaft im Zusammenhang zu denken, leuchtet ein. Zugleich kommt hier der Kommentar eines Soziologen an seine Grenzen, wenn es gilt, diese Argumentation im Lichte anderer Debatten und Erklärungsstrategien zu verorten.

Am Ende stehen zwei Anmerkungen, die vielleicht mit den verschiedenen disziplinären Feldern und den damit verbundenen Fachdiskursen zusammenhängen. Zum einen irritiert die Auswahl von Texten, die Dipper im zweiten Teil heranzieht; das impliziert dann aber auch eine Eingrenzung von Akteuren, die für die interessierenden Fragen zu untersuchen sind. Es fehlt das im weiteren Sinne politische Feld und die hier entstehenden Perspektiven auf die Umbrüche in der gewählten Periode. Wenngleich stets für eine sorgfältigen Trennung von wissenschaftlichen und politischen Diskursen zu plädieren ist, gilt es doch, sich darüber klar zu werden, dass der Perspektivwechsel, der sich in diesem Zeitraum vollzieht, immer im Zusammenspiel von ›sozialer Bewegung‹, zeitgenössischem Diskurs und wissenschaftlicher Analyse zu begreifen ist.

Zum anderen irritiert aus der Sicht der wissenschaftlichen Sozialstrukturanalyse das streng um Periodisierung bemühte Denken, das am Ende des Buches deutlich wird, wenn Dipper eine Phasenfolge skizziert. Auf die vom ihm diagnostizierte »Übergangs- folgte die Klassengesellschaft und auf diese in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine sehr viel komplizierter beschaffene, aus Klassen (im Weberschen Sinne), Schichten und Milieus zusammengesetzte Gesellschaft« (S. 362). Das insbesondere bei Weber angelegte Denken in Ungleichzeitigkeiten und Koexistenzen kommt in solchen Phasenmodellen zu kurz. Zum Ende des Buches findet sich noch ein Verweis auf Piketty, der herausarbeitete, dass die Welt der beginnenden 2020er Jahre wesentlich egalitärer sei als die von 1950 oder 1900 – wie passt das zu der von Dipper verfolgten Argumentation?

Alles in allem liegt mit den Analysen Dippers ein überaus wichtiger und lesenswerter Beitrag zur Frühgeschichte des Denkens in gesellschaftlichen Kategorien vor.

Literatur

Buchholz, Friedrich 1810: Hermes oder über die Natur der Gesellschaft, Tübingen: J. G. Cotta´sche Buchhandlung [Faksimile]

Christof Dipper 2023: Die Entdeckung der Gesellschaft. Sattelzeit in Europa 1770-1850, Berlin: Vergangenheitsverlag

Inhaltsübersicht

Einleitung

I. Die Entdeckung der Gesellschaft. Zur Wissensgeschichte eines modernen Begriffs

1. Einleitung
2. Die Metaphysik der ›Gesellschaft‹ in der deutschen Spätaufklärung
3. Der Tatsachenblick im westlichen Europa
4. Französische Ursprünge der Soziologie
5. Erste Abschiede vom metaphysischen Gesellschaftsbild in Deutschland
6. Zwischenbilanz
7. Drei Wege aus der alteuropäischen Gesellschaftsidee
8. Rück- und Ausblick

II. Die Gesellschaft zwischen 1770 und 1848 in zeitgenössischer Sicht

1. Probleme der Beschreibung
2. Der Zeitraum und seine Binnengliederung
3. Forschungsstand
4. Bevölkerungswissen
5. Die Ausgangslage 1770 bis 1780/90
6. Nach der Revolution (1810-1825)
7. Die Hungry Forties (1835-1847)
8. Rückblicke und Ausblick auf 1848
9. Die Beobachtungen der Zeitgenossen im Vergleich

III. Übergangsgesellschaft. Die ländliche Sozialordnung in Mitteleuropa um 1800

1. Einleitung
2. Bevölkerungsbewegung
3. Antworten aus dem Bereich der Landwirtschaft
4. Antworten aus dem Bereich Gewerbe und Nebenerwerb
5. Die neue Gesellschaftsstruktur in Zahlen
6. Reaktionen der Betroffenen
7. Antworten der Obrigkeiten
8. Weiterführende Überlegungen