
Varieties of Capitalism
Varieties of Capitalism (VoC) fungiert als ein Sammelbegriff für sozialwissenschaftliche Forschungsansätze, die sich für jene Institutionen interessieren, die dem Prozess der kapitalistischen Produktion und Reproduktion vorausgesetzt sind. Das sind zunächst Institutionen, die z.B. die Finanzierung von Unternehmen, die Einbindung von Arbeitskräften, die Austauschbeziehungen mit anderen Unternehmen oder das Funktionieren der damit verbundenen Märkte (Finanzmärkte, Arbeitsmärkte, Warenmärkte) ermöglichen. Darüber hinaus können aber auch weitere Aspekte der ökonomischen, politischen und sozialen Einbindung des kapitalistischen Wirtschaftens untersucht werden: z.B. Wohlfahrtssysteme oder spezifische Wachstumsmodelle. Diese Institutionen haben sich in den verschiedenen Nationalstaaten je unterschiedlich entwickelt; es lassen sich jedoch gewisse (idealtypische) Grundmuster der Variation von Kapitalismen ausmachen.
Im engeren Sinne geht der Begriff VoC auf ein von Hall und Soskice (2001) entwickeltes Modell zurück, das dann aber in verschiedener Weise erweitert und fortgeschrieben wurde.
Im weiteren Sinne steht der Begriff für den Forschungszweig der vergleichenden politischen Ökonomie bzw. der vergleichenden Kapitalismusforschung (vgl. Nölke 2019).
In diesem Beitrag geht es um das Konzept im engeren Sinne und seine Erweiterung bzw. Fortschreibung.
- VoC-Ansatz von Hall und Soskice
- Grundmodell
- Ergänzungen der Perspektive
- Spezifika des Modells
- Erweiterte VoC-Modelle
- Wachstumsfördernde Modelle in Schwellenländern
- Wachstumshemmende Modelle in Schwellenländern
- Kommentar
- Literatur
VoC-Ansatz von Hall und Soskice
Peter A. Hall und David Soskice (2001) haben das Konzept der Varieties of Capitalism zu Beginn der 1990er Jahre vorgestellt. Es analysiert wichtige Institutionen, die die Handlungsspielräume eines Unternehmens eröffnen aber auch strukturieren. Von besonderem Interesse ist das Zusammenspiel dieser Institutionen.
Grundmodell
Ausgehend von verschiedenen Koordinationsmodi zwischen den am Wirtschaftsgeschehen beteiligten Akteuren bzw. Institutionen sprechen Hall und Soskice auf der einen Seite von liberalen Marktwirtschaften (Liberal Market Economies, LMEs): USA, Großbritannien, Kanada, Irland, Neuseeland und Australien. Auf der anderen Seite finden sich koordinierte Marktwirtschaften (Coordinated Market Economies, CMEs): Deutschland, Japan, Südkorea und viele nordeuropäische Wirtschaften. Die Analyse setzt »institutionelle Unterschiede zwischen politischen Ökonomien auf der Makroebene in Zusammenhang mit Unterschieden in den Strategien und Produktionsregimen, die Unternehmen auf der Mikroebene verfolgen. Unterschiede zwischen politischen Ökonomien setzt sie in Beziehung zu betrieblichen Praktiken« (Hall 2006, S. 184).
In der Abbildung werden ausgehend vom Unternehmen wichtige Institutionensysteme benannt, die dazu beitragen, dass sich z. B. nationalstaatliche und historische Variationen von Kapitalismen herausbilden.
Einbettung von Unternehmen in verschiedenen Sphären der Koordination
Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Hall/ Soskice (2001, S. 28)
Im Folgenden werden diese Institutionen am Beispiel des liberalen Kapitalismus skizziert:
- Im Bereich der Unternehmensfinanzierung dominiert eine Börsenorientierung (shareholdervalue); die Unternehmen weisen eine hohe Transparenz auf. Es gibt weitreichende Möglichkeiten der Fusion aber auch der (feindlichen) Übernahme von Unternehmen.
- Die industriellen Beziehungen sind weitgehend dereguliert; es gibt nur geringe Mitbestimmungsmöglichkeiten. Sowohl der gewerkschaftliche Organisationsgrad wie auch der Grad der Zentralisierung von Verhandlungen sind gering. Die Beziehung zwischen Unternehmen und Beschäftigten sind durch eine Politik des hire and fire charakterisiert; dementsprechend ist die Loyalität der Beschäftigten gering.
- Das Ausbildungssystem zeichnet sich dadurch aus, dass eher in allgemeine Qualifikationen und Fertigkeiten investiert wird; der Anreiz der Unternehmen, in die Qualifizierung ihrer Beschäftigten zu investieren, ist gering, weil der Ertrag dieser Investitionen angesichts der hohen Fluktuation nicht unbedingt dem jeweiligen Unternehmen zufließt.
- Die Beziehungen zwischen den Unternehmen gestalten sich im Wesentlichen als Tauschbeziehungen; Kooperationsbeziehungen werden durch anti trust-Regelungen erschwert. Auch der Transfer von Technologie erfolgt vornehmlich über den Markt; Formen der Forschungszusammenarbeit spielen keine bedeutende Rolle.
Von besonderem Interesse sind die sich ergänzenden Effekte dieser Institutionen: »It should be apparent that there are many institutional complementarities across the sub-spheres of a liberal market economy (..). Labor market arrangements that allow companies to cut costs in a down-turn by shedding labor are complementary to financial markets that render a firm’s access to funds dependent on current profitability. Educational arrangements that privilege general, rather than firm-specific, skills are complementary to highly fluid labor markets; and the latter render forms of technology transfer that rely on labor mobility more feasible« (Hall/ Soskice 2001, S. 32).
Ergänzungen der Perspektive
Im Folgenden wird eine ergänzte Fassung des Ansatzes genutzt, die auf eine einführende Darstellung von May u.a. (2023) zurückgeht.
Zum einen werden die wohlfahrtstaatlichen Modelle der verschiedenen Kapitalismen einbezogen, da diese in überaus engem Zusammenhang mit den industriellen Beziehungen und dem Qualifikationserwerb stehen. »Die relativ hohen Arbeitslosenunterstützungen in CMEs verringern das Risiko für Arbeitnehmerinnen in branchenspezifische Fähigkeiten zu investieren und sich langfristig an Unternehmen zu binden. Darüber hinaus unterstützt der relativ hohe Kündigungsschutz langfristige Arbeitsverhältnisse, sorgt aber zugleich auch für weniger flexible Arbeitsmärkte und verringert dadurch den erfolgreichen Neueinstieg nach einem Arbeitsplatzverlust. In LMEs dagegen sorgen sehr flexible Arbeitsmärkte dafür, dass Arbeitnehmer häufig nur sehr kurz arbeitslos und im Zweifelsfall bereit sind, zu deutlich geringeren Konditionen zu arbeiten. In diesen Kontexten werden daher nur geringe Lohnersatzleistungen bereitgestellt« (May u.a. 2023, S. 68 f.).
Zum anderen geht es um die Frage, welche Folgen die Unterschiede in der institutionellen Ausgestaltung der Kapitalismen für deren Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit haben. »In LMEs sorgt eine hohe Kapitalliquidität dafür, dass teure High-tech-Innovationen finanzierbar sind, und es herrscht eine höhere Risikoneigung seitens der Kapitalgeber. Die Ausgründungen von innovativen Unternehmen aus Universitäten heraus [werden] durch die Bereitstellung von Risikokapital befördert, ebenso von den kurzfristigen Arbeitsbeziehungen sowie der Motivation der Beschäftigten, durch Aktienoptionen am potenziell durchschlagenden Erfolg teilhaben zu können« (May u.a. 2023, S. 72). In CMEs spielen demgegenüber inkrementelle Innovationen eine zentrale Rolle. »Es wird kein völlig neues Produkt konzipiert, sondern lediglich das schon bestehende Produkt weiterentwickelt. (…). Diese Spezialisierung ist relativ risikoarm, was wiederum mit der eher risikoaversen Finanzierung in CMEs, langen Arbeitsverträgen und hohen Investitionen in die Ausbildung der Belegschaft kompatibel ist« (May u.a. 2023, S. 72).
Das folgende Tableau stellt wichtige institutionelle Unterschiede der beiden Modelle gegenüber:
LME | CME | |
Unternehmensfinanzierung | Kapitalmarktbasiert, Shareholder Value | Bankbasiert, geduldiges Kapital |
Arbeitsbeziehungen | Flexible Arbeitsmärkte, individuelle Lohnverhandlungen | Betriebsräte, kollektive Lohnverhandlungen |
Ausbildungssystem | Generelle Fähigkeiten | Spezifische Fähigkeiten |
Wohlfahrtsstaat | Bedürftigkeitsprüfung, private Vorsorge | Beitragsfinanzierte Versicherungsleistungen |
Zwischenbetriebliche Beziehungen | Marktmechanismus, formale Beziehungen | Kooperation über Verbände, langfristige Beziehungen |
Komparative Vorteile | High-tech-Sektoren, Dienstleistungen | Medium-high-tech-Sektoren |
Spezifika des Modells
Das von Hall und Soskice vorgelegte Modell wendet sich gegen eine in der Globalisierungsforschung zu findende Konvergenzthese und arbeitet demgegenüber die grundsätzlichen Unterschiede zwischen verschiedenen Entwicklungsmodellen heraus. Im Zentrum stehen dabei Hocheinkommensländer in der OECD. Die Analyse fokussiert auf die Unternehmensebene und verfolgt eine angebotsorientierte Perspektive. Schließlich werden die Institutionen in einer rationalistischen Perspektive begriffen; d.h. ihre historische Gewordenheit und die damit verbundenen Konflikte werden ausgeblendet.
Von besonderem Interesse sind Prozesse der wechselseitigen Ergänzung von Institutionen. »Dies resultiert daraus, dass sich Institutionen in verschiedenen Sphären aneinander anpassen. Grund hierfür ist, dass Institutionen erfolgreiche Ansätze anderer Institutionen aufnehmen, wodurch sie sich gegenseitig stärken und ein effizienteres Handeln ermöglichen« (May u.a. 2023, S. 34).
Erweiterte VoC-Modelle
Der von Hall und Soskice vorgeschlagene Ansatz ist in den letzten Jahrzehnten intensiv diskutiert worden und es sind vielerlei Vorschläge für Erweiterungen entwickelt worden. Im Folgenden wird es um jene Ansätze gehen, die andere Weltregionen und Ökonomien in diese Analyse einbeziehen. Die Darstellung folgt den Überlegungen von May u.a. (2023, Kap. 4).
Um die Entwicklung von Kapitalismen in sogenannten ›Schwellenländern‹ zu untersuchen, unterscheiden die Autoren zum einen Konstellationen, in denen es zu positiven institutionellen Komplementaritäten kommt, so dass sich Wachstumsmodelle herausbilden können. Auf der anderen Seite kann es aber auch zu negativen institutionellen Komplementaritäten kommen, die eine nachhaltige Entwicklung eher behindern.
Die Analyse bezieht sich auf Schwellenländer; für weniger prosperierende Länder liegen keine systematischen Untersuchungen der vergleichenden Kapitalismusforschung vor.
Wachstumsfördernde Modelle in Schwellenländern
Erfolgreiche Wachstumsmodelle sind zum einen in staatlich-durchdrungenen Marktwirtschaften wie China und Indien entstanden. Zum anderen haben sich auch in abhängigen Marktwirtschaften (z.B. in Osteuropa) Wachstumsmodelle herausgebildet.
Staatlich-durchdrungene Marktwirtschaften
Staatlich-durchdrungene Marktwirtschaften (State-permeated Market Economies, SMEs) haben sich vor allem in großen Schwellenländern wie Indien und China herausgebildet. Diese Länder verfolgen eher längerfristige Entwicklungsziele und können auf Grund ihrer Größe den Zugang zum Weltmarkt regulieren. »Einheimische Unternehmen stehen daher im Zentrum der Wirtschaft, wohingegen ausländische Firmen nur eine untergeordnete Rolle spielen (…). SMEs integrieren sich nur zögerlich in den Weltmarkt und realisieren ihr Wachstum vornehmlich auf heimischen Binnenmärkten. Koordiniert wird dieser Wirtschaftstypus nicht (allein) durch einen starken Staat, der mithilfe einer zentralistischen Bürokratie eine straffe Kontrolle der Wirtschaft durchsetzt, sondern durch privat-öffentliche Wachstumsallianzen zwischen (lokalen) Bürokratien und Unternehmen, die oft durch persönliche Beziehungen der Beteiligten zusammengehalten werden« (May u.a. 2023, S. 91).
Abhängige Marktwirtschaften
Abhängige Marktwirtschaften (Dependent Market Economies, DMEs) finden sich derzeit z.B. in den ost- und mitteleuropäischen Transitionsökonomien. Diese Marktwirtschaften sind durch die Dominanz von multinationalen Unternehmen (MNUs) geprägt, die hier Tochterfirmen oder Dependancen unterhalten. »Koordiniert wird dieser Typ durch die Hierarchie innerhalb dieser Unternehmen, d. h. die Tochtergesellschaften in DMEs sind direkt den Zentralen der multinationalen Konzerne unterworfen. In der Regel sind diese Ökonomien gleich in mehrfacher Hinsicht von ausländischen Firmen ›abhängig‹: Von ihrem Kapitalzufluss, vor allem in Form ausländischer Direktinvestitionen (…), von ihren Produktionskapazitäten, ihrem Technologiewissen sowie ihrem Zugang zum Weltmarkt. Alle diese Faktoren, die für eine Volkswirtschaft zentral sind, werden durch private, transnationale Konzerne organisiert« (S. 91).
Das folgende Tableau stellt die institutionellen Unterschiede zwischen DMEs und SMEs gegenüber:
DME | SME | |
Unternehmensfinanzierung | Ausländische Banken und Direktinvestitionen; Kontrolle durch MNU-Hauptquartier | Nationale Banken; hoher staatlicher Einfluss |
Arbeitsbeziehungen | Unternehmensbezogene Tarifbeziehungen | Segmentierung; Informalität |
Ausbildungssystem | Begrenzte Ausgaben; MNU-bezogen | Segmentierung |
Wohlfahrtsstaat | Begrenzte Ausgaben | Begrenzte Ausgaben; Informalität |
Zwischenbetriebliche Beziehungen | Innerbetrieblicher Technologietransfer in MNU | Koordination durch staatliche Agenturen und Allianzen |
Zusätzliche Sphäre: Internationale Einbettung | Handelsoffenheit; externe Akteure | Schutz der Binnenmärkte; selektive Internationalisierung |
Komparative Vorteile | Montageplattformen für (halbstandardisierte) Industriegüter | Güter im niedrigen bis mittleren Technologieniveau |
In der Zusammenschau wird deutlich, dass die Entwicklungsperspektiven von SMEs grundsätzlich günstiger sind als die der DMEs. Im Kontext globaler Produktionsketten können aber auch abhängige Marktökonomien längerfristig Bestand haben.
Wachstumshemmende Modelle in Schwellenländern
Die Autoren unterscheiden bei diesen Modellen zwei Grundtypen. Das sind zum einen hierarchische Marktökonomien insbesondere in Lateinamerika. Auf der anderen Seite stehen verschiedene Formen eines patrimonialen Kapitalismus insbesondere in Ökonomien, die sich z.B. auf Rohstoffproduktion stützen (v.a. in Afrika, dem Nahen Osten und Zentralasien). Hier wird summarisch von Rentenökonomien gesprochen.
Hierarchische Marktökonomien
Das auf Schneider (2013) zurückgehende Modell analysiert Ökonomien, insbesondere in Lateinamerika, in denen es zu negativen institutionellen Komplementaritäten kommt. Eine zentrale Rolle spielt dabei die sogenannte Niedriglohnfalle, die sich sowohl bei Unternehmen wie bei Beschäftigten einstellen kann. »Vor dem Hintergrund prekärer Beschäftigungsverhältnisse bietet eine zusätzliche Ausbildung (…) keine Garantie, einen besser bezahlten Job zu bekommen oder überhaupt die Dauer der Anstellung zu verlängern« (S. 113). Unternehmen, die in die Fortbildung von Angestellten investieren, »laufen (…) Gefahr, dass die Konkurrenz die besser Ausgebildeten abwirbt, ohne die Kosten für das upskilling zu tragen« (S. 113).
Es findet sich ein gut organisierter einheimischer Unternehmenssektor; das führt dazu, dass ausländische MNUs »in Lateinamerika viel stärker in Konkurrenz zu einheimischen Konzernen [stehen], die wiederum Druck auf die nationale Wirtschaftspolitik ausüben, (…) die heimischen Konzerne zu unterstützen. Gleichzeitig stellt eine deutlich höhere Informalität der industriellen Beziehungen einen weiteren Unterschied zu DMEs dar, die verhindert, dass Unternehmen überhaupt zu betriebsinternen Tarifverträgen greifen« (S. 113 f.) .
Rentenökonomien
Bei den Rentenökonomien werden verschiedene Quellen von Renten unterschieden:
- Rohstoffrenten gehen auf begehrte und mehr oder weniger seltene Rohstoffe zurück, die exklusiv ausgebeutet werden.
- Lagerenten gehen auf landesspezifische Vorteile zurück, die für den Tourismus oder den Verkehr (z.B. Panama) genutzt werden.
- Politische Renten gehen auf politisch motivierte Zahlungen an einzelne Länder (z.B. in Palästina) zurück.
Rentenökonomien sind in verschiedener Weise riskant: Das liegt zunächst an den möglichen Instabilitäten der Rentenquellen, wenn sich Rohstoffe erschöpfen, wenn sie nicht länger knapp sind, wenn sie Konjunkturen unterliegen etc. Hinzu kommen systematische Probleme, wenn die forcierte Ausbeutung von Rohstoffen zu Wechselkursveränderungen führt. In politischer Perspektive spricht schließlich vieles dafür, dass Rentenökonomien autokratische oder despotische Herrschaftsstrukturen fördern, da die Kontrolle über die Rentenquellen leicht monopolisiert werden kann. Schließlich gehen von Rentenökonomien kaum Innovationsanreize aus.
Kommentar
Der Varieties of Capitalism-Ansatz hat in den letzten Jahrzehnten weit größere Aufmerksamkeit erfahren als die Konzepte der Regulationstheorie. Trotz der verschiedentlich herausgestellten Unterschiede in der theoretischen Begründung der Ansätze sollten beide Konzepte und die daran anschließenden empirischen Forschungen genutzt werden, um der historischen und weltregionalen Vielfalt von Kapitalismen auf die Spur zu kommen. So bieten die Regulationsansätze gewisse Vorteile, indem sie sich immer auch für die Nachfrageseite der skizzierten Produktionsmodelle interessieren und die Modelle in ihren historischen und politischen Zusammenhängen begreifen.
Für die wissenschaftliche Sozialstrukturanalyse liefern die Konzepte der vergleichenden Kapitalismusforschung wichtige Eckpunkte der sozialstrukturellen Analyse. So hat man es nicht nur mit erheblichen Prosperitätsunterschieden zwischen Nationalstaaten zu tun; es finden sich immer auch Unterschiede in der institutionellen Struktur, die für die Arbeits- und Lebensbedingungen verschiedener sozialer Gruppen entscheidende Konsequenzen haben. Das gilt für die Einkommens- und Gewinnmöglichkeiten des reichsten Bevölkerungsteils wie für die Arbeits- und Überlebensmöglichkeiten der ärmeren Bevölkerung.
Literatur
Beck, Stefan/ Christoph Scherrer 2013: Varieties of Capitalism. Konzeptionelle Schwächen angesichts der Finanzkrise, in: Joscha Wullweber et al. (Hrsg.), Theorien der Internationalen Politischen Ökonomie, Wiesbaden: Springer, S. 151–166
Hall, Peter A. 2006: Stabilität und Wandel in den Spielarten des Kapitalismus, in: Beckert, Jens/ Bernhard Ebbinghaus/ Anke Hassel/ Philip Manow (Hg.) 2006: Transformationen des Kapitalismus, Frankfurt a.M.: Campus, S. 181-204
Hall, Peter A./ Soskice, David 2001: Varieties of Capitalism, Oxford: Oxford University Press
May, Christian/ Mertens, Daniel/ Nölke, Andreas/ Schedelik, Michael 2023: Politische Ökonomie. Vergleichend – International – Historisch, Wiesbaden: Springer
Nölke, Andreas 2016: Economic causes of the Eurozone crisis: the analytical contribution of Comparative Capitalism, in: Socio-Economic Review, 14, 1, S. 141–161
Nölke, Andreas 2019: Comparative Capitalism, in: Timothy M. Shaw, Laura C. Mahrenbach, Renu Modi, Xu Yi-chong (eds), The Palgrave Handbook of Contemporary International Political Economy, London: Palgrave Macmillan https://doi.org/10.1057/978-1-137-45443-0_9
Palley, Thomas/ Pérez Caldentey, Esteban/ Vernengo, Matías 2023: Varieties of capitalism. Second-generation perspectives, Cheltenham: Edward Elgar
Schneider, Ben Ross 2013. Hierarchical capitalism in Latin America. Business, labor, and the challenges of equitable development, New York: Cambridge University Press
Schröder, Martin 2013: Integrating Varieties of Capitalism and Welfare State Research. A Unified Typology of Capitalisms, Houndmills/New York: Palgrave Macmillan