Soziale Schichtung: Stellung im Beruf
Der Term Stellung im Beruf wird in der Erwerbsstatistik zum einen benutzt, um entlang des Sozialversicherungssystems Arbeiter und Angestellte zu unterscheiden – seit 2005 ist diese institutionelle Unterscheidung aufgehoben; sie kann aber in Befragungen weiterhin genutzt werden, indem Beschäftigte in gewerblichen und handwerklichen Berufen typischerweise als Arbeiter begriffen werden. Daneben verfügen die Beamten über ein eigenes Versorgungssystem. Schließlich bleibt eine Restgruppe; dazu gehören Freiberufler bzw. Selbständige und schließlich die mithelfenden Familienangehörigen.
Über die Stellung im Beruf kann zunächst die Unterscheidung von selbstständiger und abhängiger Arbeit abgebildet werden; die Beamten zeichnen sich gegenüber allen anderen durch ihre typischerweise lebenslangen Dienstverhältnisse (und -verpflichtungen) aus. Die Abgrenzung zwischen Arbeitern und Angestellten stand über viele Jahrzehnte neben sozialrechtlichen Unterschieden (z.B. in der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder in den Urlaubsansprüchen) auch für unterschiedliche Entlohnungsformen (z.B. Wochenlohn vs. Monatsgehalt), für unterschiedliche Tätigkeitsfelder (eher manuelle vs. eher organisationale und administrative Arbeit), für unterschiedliche Interessenorganisationen (Arbeiter- vs. Angestelltengewerkschaften) und schließlich für Unterschiede der sozialen Selbst- bzw. Fremdwahrnehmung – man war als Angestellter etwas Besseres, oder hielt sich dafür.
Zum anderen wurden diese Grundtypen der Stellung im Beruf in vielen Befragungen durch die Zurechnung zu unterschiedlichen Qualifikations- bzw. Laufbahngruppen feiner aufgeschlüsselt. Diese Unterscheidungen sind bei Beamten und einigen Arbeitergruppen weitgehend formalisiert. So werden im Beamtenrecht verschiedene Laufbahngruppen (einfacher, mittlerer, gehobener und höherer Dienst) unterschieden und mit Mindestanforderungen an die Qualifizierung verknüpft. Facharbeiter verfügen über einen anerkannten Ausbildungsabschluss (oder dem vergleichbare Kenntnisse und Erfahrungen); angelernte Arbeiter haben eine kürzere oder längere Anlernzeit durchlaufen, bei den ungelernten Arbeitern wird in der Regel nur von einer kurzen Einarbeitungszeit ausgegangen. Im Angestelltenbereich sind es oft eher beschreibende Zuordnungen, die mit der Qualifikation, dem Tätigkeitsfeld und der Übernahme von Leitungsfunktionen verknüpft sind.
Die folgende Grafik informiert über die längerfristigen Veränderungen zwischen den verschiedenen Gruppen. Die Gruppe der Angestellten hatte zunächst verschiedene Bezeichnungen, so war häufig von Privatbeamten gesprochen worden. Erst 1913 entstand die Reichsversicherungsanstalt für Angestellte; die älteren Angaben wurden näherungsweise rekonstruiert.
Der säkulare Rückgang der Selbständigen spiegelt die gravierenden Umbrüche von den traditionalen eher kleinen landwirtschaftlichen, handwerklichen und händlerischen Produktionseinheiten zu modernen kapitalistisch orientierten und eher größeren Industrie-, Gewerbe- und Handelsbetrieben. Die Verschiebungen zwischen Arbeitern und Angestellten hängt vor allem mit den technischen und organisationalen Veränderungen der Produktion, mit den Veränderungen der erforderlichen Qualifizierung und schließlich mit den veränderten Produkten zusammen. Die Beamtenschaft nimmt zunächst mit dem Ausbau des Nationalstaates stetig zu; er kommt dann aber ab den 1980er Jahren mit der Privatisierung von vormals öffentlichen Unternehmen (z.B. Bahn und Post) und mit Veränderungen der Gewichtung zwischen Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst wieder zu einem Rückgang.
Der Rückgang der Arbeiterschaft hängt insbesondere mit dem ›Verschwinden‹ der ungelernten Arbeit zusammen. Diese Arbeiten wurden technisiert bzw. in andere Länder und Weltregionen verlagert; zudem erfordern die komplexeren Technologien ein höheres Qualifikationsniveau.
Im Unterschied zur Entwicklung in der Arbeiterschaft behält die einfache Angestelltenarbeit auch heute noch einen nicht geringen Stellenwert; das sind einfache Arbeiten vor allem in der Erbringung von personenbezogenen und distributiven Dienstleistungen. Der wachsende Anteil von höheren Angestellten spiegelt die gewachsenen Qualifikationsanforderungen in betrieblichen und öffentlichen Verwaltungen sowie im technischen Bereich wieder.
In der Beamtenschaft kommt es zu einer säkularen Verschiebung in Richtung der qualifizierteren Laufbahnen; die Gruppe der einfachen Beamten verliert weitgehend an Bedeutung.